Man
kann Geist als das Gegenbild der Materie bezeichnen, doch das muß
erklärt werden. Wenn wir eine menschengeschaffene materielle
Welterscheinung nehmen z. B. ein Fahrrad , dann ist dieses physische
Fahrrad gewissermaßen ein Endzustand, das Ende eine Werde-Prozesses.
Doch Fahrräder fallen nicht vom Himmel, sondern müssen geplant und
gebaut werden bevor sie jenen Endzustand erreichen. Wo beginnt das
Fahrrad seinen Werdegang? Irgendwann war da die Idee, ein durch
Muskelkraft zu bewegendes Zweirad zur schnelleren und leichteren
Fortbewegung für den Menschen zu bauen. Es war zunächst ein reines
Gedanken-Konglomerat, das im Laufe der Zeit viele Änderungen und
Ergänzungen erfahren hat. Diese Idee, die auch heute noch jedem Fahrrad
zugrunde liegt, kann als der Menschen-erzeugte Geist der Fahrräder
bezeichnet werden. Er ist der rein geistige Plan zum Bau eines
Fahrrades, der auch als die Ursache eines jeden Fahrrades anzusehen ist.
Die Menschen-gemachten Geister sind auf die Menschen angewiesen, denn
diese müssen die Ideen durch Taten zur Verwirklichung bringen.
Machen
wir nun den Schritt vom Menschen-Gemachten zum Natürlichen, so muß für
jede natürliche Welterscheinung ein solcher Geist als Voraussetzung
vorgestellt werden. Die Minerale, Pflanzen, Tiere und Menschen wurden
von weit höheren Wesen geschaffen als die menschengemachten Gegenstände
und Prozesse. Auch wenn das ihnen zugrundeliegende Geistige nicht einer
vom Menschen entdeckten Idee gleicht, so liegt doch auch allen
natürlichen Erscheinungen jeweils ein höheres Ideen- oder Ursachen-Wesen
zugrunde, welches Plan und schaffendes Wesen zugleich ist. Geist ist
also die wesenhafte tätige Idee, die einer jeden Welterscheinung
zugrunde liegt.
Geist
enthält den Sinn einer Welterscheinung, und der Sinn ist das Verhältnis,
in welchem die eine Erscheinung zum Rest der Welt steht. Ein jede
Welterscheinung steht in einem ganz bestimmten Zusammenhang mit dem
Ganzen. Das ist ihr Sinn durch welchen sie am Sein teilnimmt, denn ohne
Sinn kann es kein Sein geben. Nur das, was einen Sinn, einen
sinnerfüllten Zusammenhang mit dem Ganzen hat, erhält durch den Sinn
auch ein Sein. Der wesenhaft lebende Sinn ist reiner Geist und wirkt das
Sein erzeugend durch einen Vorgang, die wir als Denken bezeichnen. Ein
jeder Geist, eine jede Schöpfungs-Idee denkt schaffend ihre
Verwirklichung. Unser Kosmos ist daher durchflutet von einem kosmischen
Denken, welches all die Welterscheinungen hervorbringt. Daher kann man
das Denken auch als die Schaffenskraft des Geistes bezeichnen.
Wenn
nun der Mensch denkt, dann ist es sein eigener Geist, sein Ich, welches
in sich das Schaffen anderer Geister, also deren Denken aufnimmt und in
das Bewußtsein der Seele stellt. Dadurch erlebt der Mensch geistig das
Werden des Objektes zwar nicht in seiner Totalität aber stets für den
Ausschnitt, den er gerade betrachtet. Schaue ich z. B. eine Buche an, so
ist es gewöhnlich allein die spezielle Gestalt, die ich anschaue und
durch die ich den Auszug aus dem Geistigen der Buche im Denken empfange,
der diese Gestalt bildet. Zwar erschließt sich mir nicht der höhere
Sinn der Buche in der selben Weise, wie sich mir der niedrigere Zweck
eine Fahrrades erschließt, aber ich erkenne das Typische der
Buchengestalt und erkenne damit, daß es eine Buche ist. Uns so kann
gesagt werden, vergleichsweise ist der Geist die Ursache und die Materie
die Wirkung aber der menschliche Geist gewinnt durch die körperliche
Wahrnehmung und das geistige Denken eine Erkenntnis der irdischen Welt
und fügt damit der Welt etwas ein, was ohne ihn nicht vorhanden wäre.