Dem heutigen Menschen ist das Denken weitestgehend unbekannt. Man weiß, daß
man Gedanken hat, doch das Denken selbst erlebt man gewöhnlich nicht. Wir haben
ein Erkennen, wir begreifen etwas, wissen aber nicht, wie es dazu kommt, wir
bemerken nicht, was da geschieht. Die aus der Wissenschaft stammende Idee, daß
es das Gehirn des Menschen sei, welches die Gedanken produzieren würde ähnlich
einem Computer, ist eine schlecht durchdachte Theorie. Fakt ist, daß der
heutige Mensch das Denken nicht bemerkt. Was man meint zu bemerken, ist das
sogenannte Nachdenken, welches aber nur ein Wiederholen und Kombinieren von
Erinnertem, von bereits Gedachtem, ist. Und selbst beim Nachdenken bemerkt man
wiederum nur die Gedanken und Vorstellungen, das sind aber die Resultate. Der
Vorgang des Denkens tritt nicht in Erscheinung. Er verläuft außerhalb unseres
Bewußtseins, damit wir durch die Vorgänge nicht irritiert, nicht abgelenkt
werden.
Entwicklung durch
Beobachtung des Denkens
Nun ergibt sich aber aus der geistigen Forschung, daß die gesunde
Weiterentwicklung heute erforderlich macht, das menschliche Erkennen zu
beobachten, zu erforschen, zu erkennen. Es sollten heute nicht mehr
vordringlich die äußere Welt und der menschliche Körper erforscht werden,
sondern das Wahrnehmen, Denken, Empfinden, Fühlen und Wollen. Wie erkennt der
Mensch? Worauf basiert das Handeln bzw. Verhalten? Wie ist das Verhältnis
zwischen Körper, Seele und Geist? Solcher Art Themen müßten heute die zentralen
Fragen sowohl der Forschung, als auch jedes einzelnen Menschen sein. Doch dem
stehen diverse unzutreffende Vorstellungen unserer Kultur im Weg. Wem es
gelingt, sein Denken wirklich zu beobachten, der bemerkt: Es entsteht nicht im
Kopf sondern waltet in den Objekten der Wahrnehmung.
Die
mißverstandene Wahrnehmung
Das größte dieser Hindernisse besteht darin, daß allgemein angenommen wird,
man würde allein durch Wahrnehmung Kenntnis von der Welt bzw. sich selbst
erhalten. Man glaubt, man richte seinen Blick z. B. auf einen Baum und wisse
durch diese Augenwahrnehmung allein, daß man einen Baum vor sich habe. Das ist
ganz und gar nicht der Fall. Zwar ist die Wahrnehmung ein unverzichtbarer
Bestandteil der menschlichen Erkenntnis, doch sie allein kann kein Erkennen
oder Verstehen vermitteln. Daß wir erkennen, was wir wahrnehmen, ist nur
möglich durch unser, die Sinnesreize erklärendes Denken. Jedem Sinnesreiz fügt
das Denken den zu diesem gehörenden Gedanken hinzu. Das Auge kann wohl sehen,
aber nicht erkennen. Das Ohr kann hören, aber nicht verstehen. Erkennen,
verstehen, begreifen kann ganz allein das Denken. Die über die Sinne
vermittelte Wahrnehmung ist daher der Auslöser und Lenker des Denkens, welches
die Wahrnehmungen mit den zu ihnen gehörenden Gedanken durchsetzt und dadurch
erst die Erkenntnis herstellt. Würden wir das Denken einstellen können, so
würden wir nicht wissen, was wir sehen oder hören, ja, nicht einmal daß wir
etwas hören oder sehen würden wir wissen. Jedes auch noch so geringe Erkennen,
Begreifen, Wissen, Bemerken ist allein vermittelt durch das Denken.
Ein Computer kann
nicht denken!
Die Idee nun, daß unser Gehirn Gedanken erzeugen würde, ist eine Folge des
Materialismus. Wenn man den Menschen auf das Materielle reduziert, hat man freilich
keine Wahl. Denn natürlich ist der Kopf mit dem Denken verbunden. Und gewiß
finden im Gehirn Prozesse statt, die mit dem Denken zusammenhängen. Die
Wissenschaft des Geistes erkennt aber, daß Denken kein materieller oder energetischer
Vorgang ist, sondern ein geistiger. Tatsächlich aber glauben heute
Hirnforscher, daß Gedanken „digitale Informationen“ seien, ähnlich jenen,
welche ein Computer speichern kann. Dies ist ein tragischer Irrtum, der doch
wenigstens einigen hätte auffallen müssen. Denn eine genauere Beobachtung macht
deutlich, daß ein Computer weder denken noch Gedanken speichern kann. Ja, er
kann nicht einmal rechnen, obwohl man ihn kühn einen „Rechner“ nennt. Er kann
nur Befehle auszuführen, die keinerlei Intelligenz vom ihm erfordern. Denken
muß der Mensch und zwar sowohl der, der den Computer programmiert als auch der,
welcher die Resultate dieser „Rechenkünste“ zur Kenntnis nimmt. Daß der
Computer etwas „ausrechnet“, liegt nicht an seiner nicht vorhandenen
Denkfähigkeit, sondern an der Denkfähigkeit des Programmierers und des
Anwenders. Und wenn das System ein Resultat auswirft, z. B. 816, dann weiß der
Computer nichts davon. Er ist völlig tot, denkt nicht, weiß nichts. Und würde
nicht ein Mensch je dieses Resultat anschauen und DENKEN, dann wüßte es
niemand. Erst der Anwender, der diese Rechnung dem System aufgegeben hat, macht
das tote Resultat „816“ zu einem Gedanken. Er sagt beispielsweise: Mit
Mehrwertsteuer kostet die Ware 816,00 Euro. Der Computer weiß das nicht, er
weiß nichts, gar nichts. Zu diesem Resultat kann man auch ohne geistige
Wissenschaft gelangen.
Gedanken
enthalten den rein geistigen Sinn
Mit dem Gehirn ist es nun ebenso. Weder denkt es, noch weiß es etwas. Es
dient vorwiegend der Abbildung und Aufzeichnung der Resultate des Denkens und
des Wahrnehmens. Das Denken selbst ist eben ein geistiger Vorgang und kann
niemals physisch sein oder werden. Auch wenn es überall Ausnahmen und
Sonderfälle gibt, so muß klar sein, daß die Gedanken zum Inhalt jeweils einen
ganz bestimmten Sinn-Zusammenhang haben. Wenn ich den Gedanken bzw. Begriff
eines Stuhles untersuche, dann zeigt sich, daß dieser Begriff das Verhältnis
beschreibt, in welchem der Stuhl zur Welt steht, aber das ist gleichzeitig die
Idee des Stuhles. Er ist ein von Menschen für Menschen geschaffenes Gestell,
das zu den mobilen Einrichtungsgegenständen, zu den Möbeln, gehört. Er besteht
in einer erhobenen Sitzfläche zur Entlastung der Beine und einer Lehne zur
Entlastung des Rückgrates unter Beibehaltung der aufrechten Wirbelsäule und der
vollen Bewegungsfreiheit des Oberkörpers. Die Haltung mit welcher man den
Körper durch einen Stuhl entlastet wird als „sitzen“ bezeichnet. Man sitzt auf
einem Stuhl und an einem Tisch zur Ausführung einer großen Zahl von
Tätigkeiten, bei denen der untere Leib nicht benötigt wird.
Das Wort als Name
des Gedankens
Dies alles beschreibt den Sinn des Stuhles und zeigt damit dessen
Verhältnis zum Menschen und zur Welt. Ein solcher Sinn aber, ist rein geistig
und kann niemals selbst im Physischen erscheinen außer durch den Stuhl.
Außerhalb des Stuhles kann der Sinn nur geistig existieren als Gedanke, als
Idee, als Wesen. Seine physische Verwirklichung ist der Stuhl. Der Mensch kann
durch seinen eigenen Geist den geistigen Sinn der Welterscheinungen erfassen.
Geist kann nur durch Geist erfaßt werden vermittels der geistigen
Fähigkeit/Tätigkeit des Denkens. Gewiß kann man die Gedanken in Worte fassen,
aber Worte sind keine Gedanken und enthalten keinerlei Sinn. Sie sind lediglich
Zeichen oder Namen für Gedanken, für den Sinn. Sie weisen den Leser an, einen
ganz bestimmten Gedanken zu denken. Die Worte kann man aufzeichnen, die
Gedanken nicht. Schreibe ich das Wort „Stuhl“ auf ein Blatt Papier oder einen
Monitor, so ist in dem Wort nicht der Sinn enthalten, sondern das Wort ist bloß
ein Name für den Sinn, auf welchen das Wort „Stuhl“ hinweist. Den Gedanken muß
der lesende Mensch denken und dem Wort hinzufügen, was ihm gelingen wird,
solange er der jeweiligen Sprache mächtig ist.
Wahrnehmung und
Gedanke ergeben zusammen Erkenntnis
Schaut nun der Mensch einen Stuhl an, so prägt er seinem Gehirn das Bild
ein. Gleichzeitig empfängt der Geist des Menschen aus dem Geistigen des
wahrgenommenen Stuhles den Gedanken und verbindet diesen mit der Wahrnehmung
und erkennt den Stuhl. Denn Bild und Gedanke ergeben zusammen erst die
Erkenntnis „Stuhl“. Indem der Mensch den Stuhl erkennt, ist er in Kenntnis von
dessen Sinn. Er kann den Stuhl benutzen. Ein Mensch, der keinen Stuhl kennt,
würde zunächst nicht wissen, was er mit demselben anfangen solle. Er sieht zwar
einen Gegenstand, dessen Sinn aber erfaßt er erst, wenn er den Gebrauch
beobachtet oder erklärt bekommt. Das Gehirn dient bei all dem als eine Art
Spiegel oder Bildschirm, auf dem die Resultate des Wahrnehmens und Denkens bzw.
des Erkennens erscheinen. Außerdem dient es als eine Art Kurzzeitgedächtnis.
Man kann das Wahrgenommene und Gedachte – also das Erkannte – immer wieder
anschauen, ohne die sämtlichen Operationen wiederholen zu müssen durch die man
das Objekt erkannt hat. Schaut man es aber über drei Tage nicht mehr an, so hat
der Stoffwechsel die Einprägung in die Nervenmasse des Gehirns ausgebessert und
damit unkenntlich gemacht. Jetzt tritt das Langzeitgedächtnis in Kraft, welches
wiederum außerhalb des Gehirns im Seelisch-Vitalen des Menschen liegt.
Gedanken sind
objektiv
Die Erkenntnis aber, daß Gedanken nicht vom Gehirn produziert werden, hat
weitreichende Folgen, denn unter dieser Voraussetzung verlieren die Gedanken
ihren angenommenen subjektiven Charakter. Die Philosophie und die Psychologie
gehen vorwiegend davon aus, daß alles menschliche Denken subjektiv - weil
selbstgemacht - sei. Tatsache aber ist, daß die Gedanken ja eine Art Abbild des
im Objekt wirkenden Geistes sind. Die Erinnerungen, die mit dem ersten Erkennen
eines Objektes in mir auftauchen sind subjektive Gedanken, das erst Erkennen
aber kommt vom Objekt. Das muß auch so sein, denn wie sollte sonst ein Mensch je
neue Ideen aufnehmen können, wenn er sie auf seinem Gedächtnis kombinieren
müßte? Und wer künstlerisch arbeitet, kann immer wieder deutlich erleben, daß
die Ideen von außen kommen. Wer wirklich intuitiv zu denken versteht, weiß: Die
Gedanken sind in der Welt, aber der Mensch kann sich für sie empfänglich
machen. Dann hat er Einfälle, Ideen, Intuitionen. Es teilen sich ihm Gedanken
mit, die von den Objekten ausgehen, die also objektiv sind.
Das wahre Denken
ist schöpferisch
Die zuletzt beschriebene Form des Denkens, das Schöpferische, Kreative, hat
eine vollkommen andere Qualität als die gewöhnlichen Erinnerungs-Gedanken. Das
schöpferische Denken erfreut, beflügelt, kräftigt und gesundet, ja, es
begeistert. Das gewöhnliche Denken dagegen ermüdet, erschöpft, baut ab und
ernüchtert den Menschen.
Leider ist es eine unangenehme Tatsache, daß unsere Kultur das neue,
schöpferische Denken nicht aufkommen lassen will. Sie versucht uns im Verstand,
in einer bereits veralteten Denk-Form festzuhalten. Und sie versucht sogar
dieses eher passive Denken mehr und mehr zu erleichtern durch diverse
technische Einrichtungen. Gerade die Bild- und Ton-gestützten Medien lassen das
Denken passiver und passiver werden. Aber das führt den Menschen nur immer
tiefer in die Dekadenz.
Eine gesunde, aufstrebende Entwicklung kann nur aus dem selbständigen, schöpferischen
und wahrheitsfähigen Denken hervorgehen. Dieses kann geübt werden, indem man
das Geistige in der Welt entdeckt und anzuerkennen lernt.
Schulung des
Denkens durch Begriffsbildung
Die Wissenschaft des Geistes legt nahe, durch eine Schulung, wie sie auch
hier angeboten wird, das Denken zu entwickeln und sich mit den
Forschungsresultaten der Geisteswissenschaft zu beschäftigen. Das Ziel dabei
ist nicht einfach eine erweiterte Bildung, sondern eine Veredelung des ganzen
Menschen, der erst durch eine solche Aufwärtsentwicklung in die Lage kommt,
seine Aufgabe in dieser Welt zu erkennen und zu verwirklichen. Eine solche Schulung des Denkens
finden Sie auf dieser Website unter dem Stichwort „Schulung“. Kurse und Seminar
sind auch unter www.denkschule-hamburg.de
zu finden.
Denken als
Schaffenskraft des Geistes
Wenn aber Gedanken nicht Erzeugnisse des menschlichen Kopfes sind, sondern
von Objekten ausgehen können, was ist dann das Denken in der Welt? Das Denken
ist die Schaffenskraft des Geistes. Denn jeder Welterscheinung liegt ein
geistiges Ideen-Wesen zugrunde, ein Geist! Dieser Geist ist Idee, Ursache, Plan
und Kraftzentrum zugleich. Von ihm geht die Schaffens- oder Erzeugungskraft aus,
welche die jeweilige Welterscheinung schafft und erhält und diese Kraft ist das
Denken. So verhält es sich zumindest bei den natürlichen Erscheinungen und
Wesen.
Der Geist „Veilchen“ schafft Veilchen und nur er weiß wie. Vom Zentral-Geist
aller Veilchen geht die Kraft aus, die dafür sorgt, daß Veilchen wachsen und
gedeihen. Auch wenn zahlreiche andere Wesen und Kräfte an diesen Prozessen
beteiligt sind, das Schaffenszentrum, das Willenszentrum ist die wesenhafte
Idee der Veilchen, der Geist der Veilchen, der in jedem Exemplar tätig ist.
Dies gilt im Prinzip für alle natürlichen Welterscheinungen. Die
menschengeschaffenen Ideen sind gesondert zu betrachten. Diese Schaffenskraft,
dieser Werdewille, Erzeugungswille, der die physische oder auch die seelische
Erscheinungsform hervorruft, ist das eigentliche Denken.
Das menschliche Denken ist demgegenüber zunächst einmal unsere Teilnahme an
diesem Denken und die Eingliederung dessen in das eigene Weltbild. Wenn wir z.
B. auf einen Menschen zugehen, so sehen wir seine Gestalt, aber Gleichzeitig
schalten wir uns mit unserem Geist ein in das Schaffen seines Geistes und
erfassen diesen Schaffen, dieses Denken, und wissen dadurch: Dieser Geist
schafft an einem Menschen. Wir denken: Diese Gestalt ist ein Mensch – freilich
ohne uns das in dieser Weise vorzusagen. Mit diesem Gedanken: Das ist ein
Mensch, tritt aber auch die Erinnerung auf und wir erkennen vielleicht, daß wir
diesen Menschen kennen, wir erkennen ihn als einen guten Freund etc. Und zwar
tritt die Erinnerung ziemlich schnell - gewissermaßen augenblicklich - auf, so
daß man den Eindruck gewinnen kann, man würde überhaupt nur aus der Erinnerung
heraus denken. Das ist aber nicht der Fall. Das erste Denken geht immer vom
Objekt aus, solange eine Wahrnehmung das auslösende Moment war. Beim Nachdenken
oder Phantasie-Vorstellen geht man dagegen vom Erinnerten aus, kann aber auch
auf diesem Wege zu neuen Gedanken kommen.
Schulung des
Neuen Denkens
Eine besondere Schulung des Denkens besteht nun darin, daß man übt,
bestimmte Objekte intensiv zu beobachten bei vollkommener Enthaltung des
erinnerten Wissens. Man verbietet sich, Gedanken zu dem Objekt aus dem
Gedächtnis ins Bewußtsein zu stellen, man nimmt allein auf, was aus dem Objekt
zu erfahren ist. Auf diese Weise hebt man das Denken auf eine höhere Stufe. Man
bestimmt die Objekte nicht mehr aus dem Wissen, sondern die Objekte bestimmen
den fragenden Menschen, sie sagen ihm, wer sie sind.
Das ist gewiß ein hohes Ziel. Hier soll zunächst nur dargestellt werden,
was das Denken für den Menschen ist, damit künftig mehr Menschen das Denken
richtig verstehen und nicht länger den üblichen Irrtum verstärken. Denn was die
Welt am allerdringendsten braucht, sind wahre Gedanken. Denn, wie gesagt:
Gedanken sind schaffende Kräfte. Wahre Gedanken schaffen Erkenntnis, Gelingen, Freunde
und Gesundheit sowie sinnvolle Einrichtungen. Unwahre Gedanken schaffen Irrtum,
Täuschung, Ärger, Krankheit, Zerstörung und soziales Chaos. Näheres zur Wirkung
der Wahrheit finden Sie in meinem neuen Buch „Wahrheit heilt!“.